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Das Kapital

Das Kapital im Allgemeinen

Die Formel des einfachen Warentausches: Ware - Geld - Ware, ist aus der Perspektive des Warenproduzenten, der seine Ware gegen Geld tauschen will, um dafür andere Waren zu kaufen. Zweck ist die Befriedigung konsumtiver und produktiver Bedürfnisse (z.B. Rohstoffe für eine Fabrik). Vom Standpunkt eines Geldbesitzers, der seinen geldlichen Reichtum einsetzen will, um mehr Geld daraus zu machen, z.B. als Händler, sieht der Tauschakt anders aus: Der Händler hat zuerst Geld, das er in Waren anlegt, die er teurer verkauft, als er sie eingekauft hat:

     Geld - Ware - Geld + mehr Geld  (G-W-G')

Tatsächlich tritt das Kapital, das in dieser Formel ausgedrückt ist, historisch auch als Kaufmannskapital zuerst auf. Im Kapital als Geld sind alle bisher entwickelten Bestimmungen der Ware wie Wert und Wertgröße aufgehoben. Der Schatz war eine verselbständigte Form des Reichtums. Diese Funktion erlaubt es nun, die Schaffung von abstrakten Reichtum zum Selbstzweck zu machen. Bleibt der Schatzbildner auf seinem Schatz sitzen, so wird sich dieser in seinem Tresor nicht vermehren. Gibt er ihn aber in den Kreislauf des Handels und der Warenproduktion, so kann er sich unter normalen Marktverhältnissen vermehren. Aber der Zweck des Tausches hat sich jetzt geändert: Nicht mehr die Befriedigung von Bedürfnissen ist Zweck, sondern die Vermehrung des abstrakten Reichtums. Gesamtgesellschaftlich durchgesetzt hat sich diese Form des Tausches aber erst mit dem industriellen Kapital.

Ein Unternehmer hat zunächst wie der Kaufmann Geld, das sich vermehren soll, also Kapital als Geld. Mit diesem kauft er Produktionsmittel, Arbeitsgegenstand und Arbeitsinstrumente, und die lebendige Arbeitskraft des Arbeiters. Dieser erarbeitet im Produktionsprozess ein neues Produkt, das der Unternehmer dann mit Gewinn verkaufen kann:

               Produktionsmittel

                 /

Geld - Ware ... Produktions- ... Ware' - Geld+mehr Geld                            prozess                       (Mehrwert)

                 \

               Arbeitskraft                                  

oder mit Symbolen verkürzt ausgedrückt:

     G - W - G'  

( ' bedeutet, dass mehr Wert enthalten ist)

Dies ist die Formel des Kapitalprozesses oder des Verwertungsprozesses des Kapitals. Der Wert ist also zunächst in der Form des Geldes, dann in der Form der Produktionsmittel und des Lohnes; dann findet der Arbeitsprozess statt, in dem die Waren als Rohstoffe usw. (Arbeitsgegenstand) geformt und als Arbeitsinstrument abgenutzt werden; danach erscheint das Kapital in der Form des fertigen Produkts, eine Ware, die wieder verkauft und dadurch wieder zu Geld wird. Diese ganze Operation wäre aber sinnlos, wenn das Ergebnis nur wieder die bloße Rückverwandlung des Geldes in den gleichen Betrag wäre. Resultat ist aber - wenn der Verwertungsprozess gelingt - mehr Geld, als vorher hineingesteckt wurde. Daraus ergibt sich die Bestimmung des Kapitals: Kapital ist Wert, der sich vermehrt, sich selbstverwertender Wert, Geld heckendes Geld. Kapital existiert nur in der unendlichen Bewegung seiner Verwertung, es ist einmal Geld, einmal Ware, einmal Lohn für die Arbeitskraft. Wird z.B. Geld abgezweigt zum persönlichen Konsum des Kapitalbesitzers, dann ist es kein Kapital mehr, sondern nur einfach Geld.

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Zweck des Kapitals

Der Zweck des Kapitals ist es, sich zu verwerten und neues Kapital zu produzieren. Würde das Kapital wieder zum Schatz, wäre also dem Prozess seiner Verwertung entzogen, dann vermehrt es sich nicht nur, sondern es verfällt auch allmählich, da es der Inflation unterworfen ist. Es verliert aber auch relativ an Bedeutung, insofern die anderen Kapitale immer mehr neues Kapital bilden. Will der Kapitaleigner also sein Kapital nicht verlieren, muss er es immer wieder neu in den Kreislauf der Kapitalverwertung hineingeben (und sei es, zeitweilig einer Bank zu leihen, die es dann weiter verleiht). Der Zweck des Kapitals ist also zunächst seine  permanente Vermehrung.

Nun steht das einzelne Kapital in Konkurrenz mit anderen Einzelkapitalen. Nach dem Wertgesetz hat das Kapital Vorteile, das eine höhere Arbeitsproduktivität hat. Diese kann es aber nur erreichen, wenn es ständig seine Maschinerie verbessert. Deshalb muss jedes einzelne Kapital den größten Teil seines Gewinns wieder reinvestieren, um im Konkurrenzkampf mithalten zu können. Die eigentliche Konkurrenz findet deshalb im Produktionsprozess statt, nicht auf dem Markt, wo sie sich nur äußert. Der Zweck des Kapitals ist also nicht nur das Gewinnmachen, sondern die permanente Reinvestition, seine ständige Anhäufung. Der oberste ökonomische Zweck des Kapitals ist die Produktion von akkumulierbaren Mehrwert. Dies ist sein ökonomischer Zweck. Technisch ist die Anhäufung von Wert nicht die einfache Ersetzung von Maschinen, sondern die Einführung produktiverer Maschinen. Der technische Zweck des Kapitals ist die Produktion von Produktivität. Da nicht das Bedürfnis von Menschen der Zweck der Kapitalproduktion ist, Bedürfnisse nur instrumentell in seine Verwertung eingehen, erscheint einem moralischen Bewusstsein diese Ökonomie als sinnlose Produktion um der Produktion willen

Das Kapital als automatisches Subjekt

Ist die Ökonomie die Lebensgrundlage einer Gesellschaft, dann ist eine Wirtschaftsweise, die auf dem Kapital beruht, die Grundlage aller anderen Bereiche. Diese Produktionsweise ist aber nicht ein Instrument, um Bedürfnisse zu befriedigen, sondern herrscht den Menschen seine Mechanismen auf. So ist der Kapitaleigner, soweit er seine Funktion im Verwertungsprozess ausfüllt, nur die Personifikation seines Kapitals. Er muss sich zur Charaktermaske seines Kapitals machen, um dessen unendlichen Prozess der Vermehrung des Werts in Gang zu halten - bei Strafe seines ökonomischen Ruins. Sein freier Wille, der notwendig bei jedem Tausch vorausgesetzt werden muss, reduziert sich auf die Verwirklichung des Zwecks, den ihm sein eigenes Kapital setzt. Nicht er ist das Bestimmende in diesem Prozess, sondern der Mechanismus seiner Kapitalverwertung, wie z.B. das Wertgesetz. Nicht Menschen mit ihren Bedürfnissen und vernünftigen Zwecken bestimmen die Gesellschaft, sondern ein Automatismus, der blind ist, weil er sich gegenüber den eigentlichen Wirtschaftssubjekten, die ihn in Gang halten, verselbständigt hat. Wir haben gesehen, dass bereits der einfache Warentausch sein vermittelndes Moment im Markt nur hat, indem die Vermittlung sich gegenüber den Austauschenden verselbständigt als blinder selbsterzeugter Mechanismus. Durch das Kapital, das bestrebt ist, nicht nur die Produktion, sondern alle Bereiche der Gesellschaft unter sich zu bringen oder doch zu dominieren, wird diese Entfremdung selbstgeschaffener und ständig wieder erneuerter Produktions- und Austauschmechanismen total. Marx bezeichnet deshalb das Kapital auch als "automatisches Subjekt" (a.a.O., S. 16), das die kapitalistische Gesellschaft beherrscht. 

Eine Produktion über das Bestehende hinaus, schafft eine größere Unabhängigkeit gegenüber der ersten Natur, aus dem die Produkte gewonnen sind. Insofern ist das Mehrprodukt, das heute in der ökonomischen Gestalt des Mehrwerts erscheint, aus Freiheit. Mehrwert ist deshalb, um einen Terminus von Kant zu gebrauchen, Kausalität aus Freiheit. Die über die Reproduktion des Vorhandenen hinausgehende Produktion ist materialisierte Freiheit

Allerdings gehört der Reichtum als materialisierte Freiheit nicht den unmittelbaren Produzenten, sondern den Kapitaleignern. Aber auch  diese können nicht frei darüber verfügen. Da der Mechanismus der Kapitalproduktion ständig dazu zwingt, diesen Reichtum immer nur wieder zur Produktion von neuem Reichtum in Form von Produktivität, also von besseren Maschinen, Wissenschaft und deren technologische Anwendung zu verwenden, ist dieser Reichtum von seinen Besitzern entfremdet. Die Freiheit gegenüber der ersten Natur wird durch die Naturwüchsigkeit der Produktionsweise (zweite Natur) wieder kompensiert. Durch die entstandene große Industrie und die Anhäufung des Reichtums in den letzten 200 Jahren ist es inzwischen möglich geworden, dass alle Menschen auf dem Planeten in Wohlstand leben und ihre Arbeitszeit auf ein erträgliches Maß reduzieren könnten. Tatsächlich aber herrschen auf Grund dieser Entfremdung weiterhin Hunger, Elend, Unbildung  und moralische Degeneration. 

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Mehrwerttheorie

Beim einfachen Warentausch sind wir davon ausgegangen, dass Äquivalente, also gleiche Werte getauscht werden. In der allgemeinen Formel des Kapitals jedoch hat sich ergeben, dass sein Austauschprozess nicht mit einem Äquivalent endet, sondern mit einer Wertdifferenz, dem Mehrwert: G-W-G+Mehrwert. 

Die entscheidende Frage, um die sich die bürgerlichen Ökonomen herum mogeln oder die sie ideologisch beantworten, ist: Woher kommt der Mehrwert?

a) Aus dem überteuerten Verkauf?

Wenn der Mehrwert wie scheinbar beim Handelskapital aus dem teureren Verkauf der Ware in Bezug auf ihren Einkauf entsteht, führte das zu der absurden Konsequenz: Alle industriellen Kapitale müssten teurer verkaufen, um ihr Kapital zu vermehren, eine allgemeine Überteuerung aber hebt sich auf. Der so erzielte Mehrwert ginge bei seiner erneuten Verwandlung in Ware wieder verloren. Entsteht der Mehrwert aber nicht in der Sphäre der Warenzirkulation, dann muss er in der Sphäre der Produktion entstehen. 

b) Aus dem Einsatz von Maschinen?

Nach der betriebswirtschaftlichen Rechnung eines Unternehmens wird der Wert der Maschinen auf das Produkt umgelegt. Wenn die Maschine erfahrungsgemäß fünf Jahre arbeitet und in dieser Zeit mit ihr 5000 Produkte hergestellt werden, dann geht der Wert der Maschine anteilmäßig auf diese Produkte über. Der Arbeiter reproduziert den Wert der Maschine, indem er ihn auf das Produkt überträgt. Diese Art der Amortisation ist durch die Konkurrenz erzwungen, weil ein willkürliches Aufschlagen eines höheren Werts auf das Produkt die Ware unverkäuflich macht. Weniger Aufschlag als der Durchschnitt führt dagegen zum Verlust von Kapital, das in der Maschine steckt.

Eine Maschine kann weiterhin schon deshalb keinen Wert und deshalb auch keinen Mehrwert erzeugen, weil sie ein totes Ding ist. Keine Maschine arbeitet, wenn sie nicht von einem lebendigen Arbeiter in Gang gesetzt und bedient bzw. kontrolliert wird.

c) Der Boden als Mehrwertschöpfer?

Zunächst scheint es so, denn der Grundeigentümer bekommt eine Rente auf seinen Boden, ohne dass er einen Finger krumm machen muss. Doch das ist ein Relikt aus der Feudalperiode, das mit dem bürgerlichen Eigentumsbegriff harmoniert. In Wirklichkeit ist der Bodenzins ein Abzug vom Profit, den das Unternehmen, das den Boden nutzt, erwirtschaftet, nicht aber ist der Boden selbst die Quelle des Mehrwerts. Wie aus den Maschinen, so wird auch aus dem Boden erst ein Wert produziert durch die lebendige Arbeit.

d) Aus dem Kapital in seiner Geldgestalt?

Heute hat sich die Funktion der Kapitalproduktion von den Eigentumsverhältnissen weitgehend gelöst, soweit es die großen Konzerne betrifft. Manager regeln die Selbstverwertung des Kapital, während die Eigentümer - oft selbst nur wieder Konzerne, die von Managern geleitet werden - ihr Kapital nur in Form von Aktien (Anteilsscheine eines Unternehmens) und den Dividenden (Teile des Profits, der den Aktieninhabern ausgezahlt wird)   kennen. Die Herrschaft des Kapitals ist anonym geworden. Oder die Eigentümer überlassen das Management ihres Kapitals ganz den Banken und kassieren nur Zinsen. Für sie erscheint die Kapitalakkumulation nur in der Formel:

Geld - Geld + Zins   (G - G')

Der gesamte Prozess der Verwertung ebenso wie der Arbeitsprozess, in dem Kapital produziert wird, ist hier unsichtbar; es scheint so, als käme das Kapital aus dem Tresor der Banken. Die Herkunft des Gewinns wird mysteriös. Die Mühen und Schindereien der Arbeiter sind nicht mehr erkennbar. Empirisch kann die Herkunft dieses Gewinns tatsächlich nicht verfolgt werden - schon weil jede Bank, die Kredite an Geschäft und Konsumenten vergibt, nicht konkrete Geldstücke verleiht, sondern mit ideellem Geld, also gebuchtem Geld operiert, das aus ihrem allgemeinen Fond genommen wird. Marx nennt diesen Schein, als käme der Mehrwert als Profit aus dem Geld selber, den entwickelten Kapitalfetisch.

e) Die lebendige Arbeit ist die einzige Quelle des Mehrwerts!

Der Arbeiter ist im Gegensatz zum Sklaven eine Person, rechtlich frei, mit freiem Willen begabt wie der Kapitaleigner auch. Beide schließen einen Vertrag: der Unternehmer kauft auf bestimmte Zeit das Arbeitsvermögen des Arbeiters. Wie bei jeder anderen Ware auch ist der Wert der Arbeitskraft bestimmt durch die Zeit ihrer Herstellung, d.h. des Wertes, den die Menge seiner Lebensmittel für sich und seine Familie hat. Dabei ist das Niveau der Lebensmittel historisch bedingt. Die Arbeitskraft einmal gekauft, so gehört ihr Gebrauchswert, die wertschaffende Tätigkeit oder der Wert der Arbeit, dem Kapitalisten. Was er damit macht, geht wie bei jedem anderen Gebrauchswert niemanden etwas an - soweit er nicht den Arbeiter als Person und als lebendiges Wesen über Gebühr gefährdet.

Die lebendige Arbeit des Arbeiters hat nun die Potenz in sich, mehr Wert zu schaffen, als sie entsprechend dem Äquivalententausch zwischen Unternehmer und Arbeiter, der seine Arbeitskraft verkauft, gekostet hat. Wenn der Arbeiter z.B. acht Stunden arbeitet und in diesen acht Stunden in zwei Stunden den Gegenwert seiner Lebensmittel produziert, so schafft er in den restlichen sechs Stunden seines kontraktlich festgelegten Arbeitstages einen Mehrwert, der diesen sechs Stunden entspricht. Das Endprodukt des industriellen Kapitals enthält also bereits mehr Wert, als die Produktion gekostet hat. Dieser Mehrwert entsteht durch die Differenz von Wert der Arbeitskraft (Lohn) und den Wert der Arbeit, den die Arbeitskraft produziert hat. Dies aber ist Ausbeutung.

Die bürgerliche Ökonomiewissenschaft hat heute eine ganze Theorie aufgebaut, die behauptet, dass aus den sogenannten Produktionsfaktoren "Kapital", "Arbeit" und "Boden" der Profit entspringen müsse. Da sie empiristisch vorgeht und ihre eigene Geschichte nicht mehr reflektiert, fällt sie hinter die Einsichten der großen bürgerlichen Ökonomen des 18. und 19. Jahrhunderts zurück. Marx nennt sie deshalb auch Vulgärökonomie. Die Ökonomiewissenschaft will nicht mehr die kapitalistische Produktionsweise gedanklich begreifen, sondern nur noch in ihrem Rahmen Techniken des Wirtschaftens den Unternehmen an die Hand geben. Sie rechtfertigt schon durch ihre Verfahrensweise den Kapitalismus, d.h. sie ist seine Ideologie, die auf dem Schein des Warenfetischismus basiert. 

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Ausbeutung

Bei einem Fronbauern war seine Ausbeutung klar. Er musste z.B. 3 Tage auf dem Gut seines Grundherrn arbeiten und die restlichen 3 Tage konnte er sich auf seinem Land betätigen. Seine Mehrarbeit, die er der Herrschaft abliefern musste, betrug 3 Tage, die Hälfte seiner Arbeitszeit. Dass er überhaupt für seinen Herrn arbeitete, war durch direkte Gewalt oder Gewaltandrohung erzwungen. Der Arbeiter dagegen ist frei in dem Doppelsinn, dass er persönlich frei ist als Rechtssubjekt und zugleich auch frei vom Eigentum an Produktionsmitteln. Letzteres zwingt ihn in der Tauschgesellschaft, will er nicht verhungern, sein einziges Eigentum, sein Arbeitsvermögen, zu verkaufen. Direkte Gewalt ist also durch ökonomischen Zwang ersetzt worden. Allerdings bleibt in der kapitalistischen Gesellschaft die Gewalt eine notwendige Bedingung der Ökonomie, insofern sie die Eigentumsverhältnisse sichern muss, die den Arbeiter zwingt sich zu verkaufen. Da der Arbeiter rechtlich frei ist, kann er auf einen Äquivalententausch bestehen; und wenn er sein ihm zustehendes Äquivalent, das Geld für seine notwendigen Lebensmittel, bekommt, hat er im Rahmen der kapitalistischen Produktionsweise einen "gerechten" Tausch getätigt. Aber tatsächlich basiert de Äquivalententausch auf den Nichtäquivalent seiner mehrwertschaffenden Arbeit, denn kein Kapitalbesitzer würde eine Arbeitskraft mieten, wenn sie ihm keinen Mehrwert einbringt. Der Äquivalententausch zwischen Arbeiter und Kapital in der Zirkulationssphäre, wo man Verträge schließt, verschleiert also im Kapitalismus die reale Ausbeutung des Arbeiters in der Produktionssphäre, wo der Mehrwert vom Arbeiter produziert wird. 

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Auswirkungen auf die Lohnabhängigen

Der Arbeiter schafft im Produktionsprozess des Kapitals einen Neuwert, den er den Rohstoffen usw. zusetzt. Dieser Neuwert teilt sich auf in Lohn für ihn und Mehrwert/Profit für das Unternehmen. Wie hoch der Anteil des Arbeiters, wie hoch der Anteil des Mehrwerts ist, lässt sich nicht durch eine Regel angeben, sondern ist Resultat des Klassenkampfes. Allgemein stehen sich die Lohnabhängigen als Nichtbesitzer von Produktionsmitteln und die Kapitaleigner als Besitzer von Produktionsmitteln als Klassen gegenüber. (Die Grundbesitzerklasse mit einer besonderen Art von Eigentum lassen wir hier außer acht.) 

Das Kapital hat das Bestreben, soviel wie möglich akkumulierbaren Mehrwert zu ergattern, denn nur dadurch ist es in der Lage, in der Konkurrenz zu überleben. Es ist also bestrebt, den Lohn der Arbeiter so weit wie möglich zu drücken. Dagegen ist der Arbeiter bestrebt, soviel wie möglich Lohn durchzusetzen, um den durchschnittlichen Lebensstandard seiner Klasse zu erreichen, wenn möglich darüber zu liegen. Wo die Grenze in der Teilung des Neuwerts liegt, entscheidet die Gewalt, also der Klassenkampf. Gelingt es den Gewerkschaften so viel Lohn für ihre Klientel herauszuholen, dass das Kapital nicht mehr akkumulieren kann, dann wird es kurz- oder langfristig pleite gehen - die Arbeiter verlören ihren Arbeitsplatz. Geben sie aber dem Kapital nach oder ist dieses stark genug, den Lohn zu senken, dann fällt der Lebensstandard der Arbeiter bis unter das Existenzminimum. Die Arbeitenden sind immer die Dummen. Was immer die Lohnabhängigen tun, sie bleiben abhängig Beschäftigte, die ausgebeutet werden. Der Weg vom Tellerwäscher zum Millionär, selbst wenn er einigen gelungen ist, kann die ganze Klasse nicht gehen. Der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit lässt sich nicht in dieser Produktionsweise lösen, er ist ihr immanent.

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Der Arbeitstag

Wie der Lohn so ist auch die Länge des Arbeitstages Resultat von Klassenkämpfen. Beträgt der Arbeitstag 8 Stunden und ist er aufgeteilt wie folgt: 4 Stunden werden für den Lohn gearbeitet, 4 Stunden für den Mehrwert, dann fällt auf die notwendige Arbeit 4 Stunden, d.h. Lohn des Arbeiters, ohne den er nicht arbeiten würde.  Der Mehrwert von 4 Stunden ist Resultat der Mehrarbeit. Diesen Teil ist das Kapital bestrebt zu steigern. Dies kann es  u.a. durch Verlängerung des Arbeitstages erreichen. Die Rate des Mehrwerts ergibt sich aus:

                                Mehrarbeit             4 Stunden

     Mehrwertrate    = --------------------- = ------------- (Ausbeutungsrate)     notwendige Arbeit    4 Stunden

Die Rate des Mehrwerts gibt den Ausbeutungsgrad an, er beträgt hier 100 %. Wird die Arbeit um zwei Stunden verlängert, ohne dass sich die Lohnhöhe ändert, dann ergibt sich:

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---  = 150 %; das ist ein Ausbeutungsgrad von 150 %.

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Gibt es funktionierende Gewerkschaften, die eine solche Verlängerung des Arbeitstages verhindern, dann kann das Kapital die absolute Höhe des Mehrwerts auch erhöhen, indem es neue Arbeitskräfte einstellt. Diese beiden Arten der Erhöhung, welche die Verlängerung der notwendigen Arbeit bewirken,  nennt Marx die Erhöhung des absoluten Mehrwerts.

Es gibt aber noch eine andere Form der Mehrwertsteigerung. Das Kapital hat die Tendenz, so viel überschüssige Arbeit, d.h. Mehrarbeit, sich einzusaugen wie möglich. Ist der Arbeitstag nicht verlängerbar, etwa weil starke Gewerkschaften dies verhindern oder komplizierte Maschinen eine Intensität der Arbeit verlangen, die ein Arbeiter nur kurze Zeit am Tag durchstehen kann, dann kann auch der Mehrwert gesteigert werden durch Erhöhung der Produktivität. 

Das Kapital existiert in der Wirklichkeit nur als die vielen Einzelkapitale, die untereinander in Konkurrenz stehen. Kann ein Unternehmen seine Produktivkraft z.B. durch bessere Maschinen erhöhen, kann es mehr Waren in kürzerer Zeit herstellen, dann gewinnt es einen Vorteil in diesem Konkurrenzkampf. Da in diesen Waren weniger Arbeitszeit enthalten ist als im Durchschnitt dieser Warenart, haben sie weniger Wert, können also billiger verkauft werden. Das führt nicht nur dazu, dass unser Unternehmer billiger als die Konkurrenz verkaufen kann, er kann auch zumindest zeitweilig über den tatsächlichen Wert der Waren verkaufen und somit einen Extraprofit realisieren. (Auf der Ebene der Erscheinungen heißt dies, dass die anderen Produzenten einen Teil ihres Mehrwerts ihm über den Austausch abgeben müssen.) In dem Moment aber wo die Konkurrenz nachzieht und auch ihre Produktivität erhöht, scheint der alte Zustand wieder hergestellt zu sein. Die Waren sind zwar billiger geworden, weil mehr in kürzerer Zeit produziert werden, aber das Verhältnis von notwendiger Arbeit und Mehrarbeit hat sich nicht verändert. Wenn sich jedoch die Erhöhung der Produktivität in der Gesellschaft verallgemeinert und auch die Waren erfasst, die zu den notwendigen Lebensmitteln gehören, dann wird auch der Wert der Arbeitskraft billiger, der Kapitalist braucht weniger Lohn zu zahlen. Dadurch sinkt die notwendige Arbeit und die Ausbeutungsrate (Mehrwertrate) erhöht sich. 

Gesetzt es  besteht der Arbeitstag aus:  4 Stunden notwendige Arbeit und 4 Stunden Mehrarbeit. Nun werden die Lebensmittel billiger durch die Erhöhung der Arbeitsproduktivität in der Lebensmittelindustrie, dann folgt z.B.: 3 Stunden notwendige Arbeit und 5 Stunden Mehrarbeit; die Ausbeutungsrate ist von 100% auf 150 % gestiegen.

Dies Art der Mehrwertproduktion nennt Marx relative Mehrwertproduktion, den durch Produktivitätssteigerung geschaffenen Mehrwert relativen Mehrwert. Die Erhöhung der Ausbeutungsrate heißt aber nicht unbedingt, dass der Arbeiter weniger Lohn bekommt, sondern dass er - selbst bei Lohnerhöhungen - noch stärker ausgebeutet wird. Der Lohn ist der Preis der Arbeitskraft, dieser muss von ihrem Wert unterschieden werden. Das Kapital beschäftigt nicht nur einen Arbeiter, sondern Millionen, dadurch steigt mit dem Mehrwert bzw. Profit potenziell sein Reichtum, während der Wohlstand der Arbeiter gleich bleibt oder nur graduell steigt. Dies führt zu einer relativen Verelendung gegenüber den Kapitaleignern. Oft fällt der Lohn aber auch, z.B. in Krisen, wenn das Kapital die Löhne unter ihren Wert drücken kann. In diesem Fall haben wir eine absolute Verelendung

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Weiter zu Ökonomie 4:  Kapital - Klassenkampf

 

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Copyright © 2004 Erinnyen Zeitschrift für materialistische Ethik        
Stand: 09. März 2008