|
Unseren Newsletter bestellen Sie hier (ca. alle drei Monate):
Über Neuerscheinungen auf unseren Websites informiert schnell unser RSS-Feed:
|
Zur Einstimmung:
Lehrfilm Das Höhlengleichnis - der Weg der Erkenntnis! Lehrfilm
Lehrfilm
Erster Texteinstieg: ophieren Sieben Sätze zum Philosophieren
Hier werden Sie auf die Philosophie eingestimmt! Lob des Lernens I
Mein vierzehnjähriger Sohn fragt mich: Soll ich Physik lernen? Wozu, könnte ich sagen. Dass eine Bombe viele Leben zerstört weißt du auch so. Meine sechzehnjährige Tochter fragt mich: Soll ich Latein lernen? Wozu, könnte ich sagen. Dieses Reich ist untergegangen. Und die Fliehenden müssen die Sprache der Länder lernen, in die sie emigrieren. Meine Kinder fragen mich: Sollen wir Geschichte lernen? Wozu, könnte ich sagen. Lernt zu lügen, zu täuschen und euch zu verstecken, Da werdet ihr die kommenden Kriege vielleicht überstehen. Ja, lerne Physik, sage ich, lerne Latein, lerne Geschichte! Du brauchst Wissen im Kampf, und selbst in der Niederlage wird es dich trösten. Fragen eines lesenden Menschen Wohin gingen an dem Abend, als die Berliner Mauer fertig war die Maurer? Das große New York ist voll von Wolkenkratzern. Wer errichtete sie? Über wen triumphierten die Generäle in Irak? Hat das viel besungene Paris nur Paläste für seine Bewohner? Wer redet über die Vororte? Selbst in dem sagenumrankten Rom brüllten in der Nacht, als die Barbaren kamen, die Herrschenden nach ihren Sklaven. So viele Berichte. So viele Fragen. Lob des Lernens II Lerne, Familie im Asyl! Lerne, Verfolgter im Gefängnis! Lerne, Frau in der Küche! Lerne, Sechzigjährige! Ihr müsst die Führung übernehmen. Suche die Schule auf, Obdachloser! Verschaffe dir Wissen, Frierender! Und auch du, Arbeitender, greif nach dem Buch: es ist eine Waffe. Lob der Philosophie Der Einzelne hat zwei Augen. Die Partei hat tausend Augen. Die Philosophie hat alle wissenden Augen seit über zweitausend Jahren. Aneignung der Kultur Ganze Literaturen, in erlesenen Ausdrücken verfasst, werden durchsucht werden nach Anzeichen, dass da auch Aufrührer gelebt haben, wo Unterdrückung war. Flehentliche Anrufe überirdischer Wesen werden beweisen, dass da Menschen über Menschen gesessen sind. Süße Musik der Worte wird nur berichten, dass da für viele kein Essen war. Lob des Schülers, der dem Weisen Als der Philosoph siebzig war und gebrechlich drängte es den Lehrer doch nach Ruh, denn die Armut war im Lande wieder einmal hässlich und die Gewalt nahm an Kräften wieder einmal zu. Da schnürte er die Schuh. An der Grenze sein Schüler sprach zum Abschied: Wenn du weißt, schreib mir's auf! Diktier es auf ein Band! So was nimmt man doch nicht mit sich fort. Da gibt's doch Köpfe bei uns, die brauchen das in die Hand. Und ein Nachtmahl gibt es auch: im Hotel dort. Und dem Schüler händigte der Denker eines Morgens einundfünfzig Bänder ein. Und mit Dank für eine kleine Reisegabe bog er um einen Felsen in den Garten ein. Sagt jetzt: Kann man freundlicher sein? Aber rühmen wir nicht nur den Weisen, dessen Name auf dem Werke prangt! Denn man muss dem Weisen seine Weisheit auch entreißen, darum sei dem Schüler auch gedankt: Er hat sie ihm abverlangt.
Zurück zum Anfang und zu den Lehrfilmen
Wenn Sie unsere Lehrfilme nicht ansehen wollen, dann geht es jetzt weiter zu:
Sieben Sätze über das Philosophieren (unten)
Sieben Sätze über das Philosophieren Jeder kann billigerweise verlangen, dass man ihm einen Einstieg zu einer noch unbekannten Wissenschaft bietet, eine Leiter, um die Sprossen der Abstraktion zu erklimmen. Aus den folgenden sieben Ansätzen werden wir sieben Sätze entwickeln, die einen ersten Eindruck von dem geben, was Philosophie sein kann. Diese sieben ersten Sprossen zur Philosophie sind aber noch nicht diese selbst. Denn auch wenn hier bereits philosophiert wird, ist der Stand des philosophischen Denkens nicht mit ein paar Schritten erreichbar. Dazu bedarf es des Studiums der philosophischen Tradition, zu der wir aber mit unseren Kursen immerhin den Einstieg ermöglichen. 1. Am Anfang steht das Staunen. So sagt es jedenfalls die Philosophie-Didaktik. Nur wenn wir uns Neuem gegenüber öffnen, können wir Erkenntnisse gewinnen. Das Staunen ist kein Erstaunen, denn dies verharrt unbeweglich vor seinem Gegenstand und betet ihn quasi an, während doch das philosophische Denken den Gegenstand wendet, von allen Seiten betrachtet und ihn nicht so lässt im Bewusstsein, wie er uns ursprünglich erschien. Doch mit dem Staunen hat es im 20. und 21. Jahrhundert so seine Bewandtnis: Wer über das Wiedererstarken des Faschismus staunt, der hat nichts aus dem Geschichtsunterricht gelernt. Denn solange es die kapitalistische Marktwirtschaft gibt, ist der "Schoß fruchtbar noch, aus dem das kroch" (Brecht). Es gibt also auch ein Staunen, das nicht nur naiv ist, sondern auch von der eigenen Dummheit (Mangel an Urteilskraft) zeugt. Wir können also jetzt den ersten Satz zu einer Bestimmung der Philosophie aufschreiben: Philosophie beginnt mit dem nicht-naiven Staunen. 2. Einen Gegenstand von allen Seiten betrachten, heißt ihn kritisch würdigen. Mein Großvater hat meinen Vater als Kind geschlagen, der hat mich geschlagen, wenn ich etwas ausgefressen hatte; also schlage ich auch mein Kind... Halt, hier hat sich etwas getan in der Gesellschaft und in dem Bewusstsein über Erziehung. Bei mir bricht diese Tradition ab, ich will versuchen, meinen Sohn nicht mehr zu schlagen, auch wenn dies in der Gesellschaft durchaus noch häufig vorkommt. Nun kann ich mich damit aber nicht zufrieden geben. Denn ist die neue Art, Kinder zu erziehen, nur eine neue Mode, dann sagt das noch nichts darüber aus, warum diese Mode sich durchsetzt und ob diese Mode überhaupt vernünftig ist. Und sage ich, diese neue Erziehung ohne Schläge ist humaner, dann fragt sich, was denn human ist. Ist eine Bestrafung durch Liebesentzug humaner als eine Ohrfeige? Oder gibt es noch andere Methoden? Auf jedem Fall folgt aus diesen Überlegungen der nächste Satz zur Bestimmung dieser Wissenschaft: Philosophie reflektiert kritisch unser Leben und das der Gesellschaft. 3. Als der Autor diese Textes elf Jahre alt war, betrachtete er mit seinen Spielgefährten den nächtlichen Sternenhimmel. Es war vor allem eine Frage, mit der er die anderen verrückt machte: Was ist Unendlichkeit? Sein bildliches Vorstellungsvermögen versagte bei diesem Gedanken. Wenn es ein Ende der Welt gab, er stellte sich dies analog zu einer Bretterwand vor, was war dahinter? Das Nichts? Was aber ist das Nichts? Und wer hat diese Welt geschaffen? War sie schon immer da oder hat sie einen Ursprung? Ist dieser Ursprung diesseitig oder jenseitig? In der Schule wurde das eine, im Religionsunterricht das andere gelehrt. Wie immer man hier antwortet, es sind philosophische Fragen und Antworten, denn keine Einzelwissenschaft, auch nicht die Astronomie kann diese Fragen aus ihrer beschränkten Perspektive, mit ihren Fakten und deren Gesetzen beantworten. Es sind metaphysische Fragen (nichtempirische, über alle Erfahrung hinausgehende). Später las der Autor bei Kant, dass jeder Mensch zu solchen Fragen kommt, ein metaphysisches Bedürfnis hat: Philosophie befriedigt auf der Basis des gegenwärtigen Wissens das metaphysische Bedürfnis des Menschen. 4. Hören Sie sich einmal die neunte Sinfonie von Beethoven vollständig an. Und vergleichen Sie dann diese Kunst mit der "Europahymne" oder dem "Song of Joy" von Miguel Rio. Ohne auf Einzelheiten des Vergleichs hier eingehen zu können, Beethovens Musik ist autonome Kunst, d.h. sie folgt den immanenten Gesetzen der Kunstart der Sinfonie, während die "Europahymne" funktional der politischen Propaganda dient zur geistigen "Erhöhung" eines multinationalen Marktes und der "Song of Joy" setzt am Massengeschmack, also an der Verkäuflichkeit an und macht daraus einen Schlager. Bei Beethoven hechelt das Orchester die "Ode an die Freude" herunter, weil sie eine Idee darstellt, die nicht wirklich ist. Bei den Kitschvarianten wird daraus eine süßliche Sauce zur Verkleisterung des Geschmacks und des Bewusstseins. Diesen Unterschied zu erkennen, setzt Kriterien voraus, die aus dem Bereich der Ästhetik (Kunstphilosophie) und der Geschichtsphilosophie kommen. Philosophie liefert Kriterien, das Schöne vom Kitsch, das Wahre vom Falschen, das Gute vom Schlechten zu unterscheiden. 5. Sagt jemand, mir schmeckt der Honig süß, dann ist er süß; sagt jemand, derselbe Honig schmeckt mir aber bitter, dann ist er bitter. Derselbe Honig kann aber nicht zugleich bitter und süß sein. Diesen Widerspruch zu lösen bedarf es Gründe, die angeben, welcher von den beiden Zungen gesund oder krank ist. Solche Gründe sind vor der sinnlichen Wahrnehmung, sie können nicht aus der sinnlichen Wahrnehmung selbst entnommen werden. Denn dann würde ich den obigen Widerspruch nur verdoppeln. Nun kann man für diese Gesundheitsgründe noch vorausgesetzte Gründe finden, etwa was denn Gesundheit überhaupt sei usw. Bis man schließlich auf erste Gründe kommt, denen keine anderen Gründe mehr vorgeordnet sind. Solche ersten Gründe oder Prinzipien sind Gegenstand des philosophischen Denkens. Das Erste aber ist die Wurzel vom Folgenden, also ist Philosophie radikales Denken. Philosophie ist die Wissenschaft von den allgemeinsten Prinzipien, als solche ist sie radikales (an die Wurzeln gehendes) Denken. 6. Es gibt bei Platon ein Gleichnis: Ein Mensch ist in einer Höhle gefesselt und kennt nur die Schatten der Dinge. (Dies ist das ungebildete Bewusstsein, wie es kleine Kinder oder von Bildung ausgeschlossene Erwachsene haben.) Dieser Mensch macht sich von seinen Fesseln los, steigt nach oben und sieht die Dinge, wie sie wirklich aussehen, sieht das Feuer und erkennt, das ganz oben noch ein größeres Licht sein muss als das künstliche Feuer. Er steigt also mühsam nach oben bis er ans Sonnenlicht kommt. Dieses aber ist so hell, das er nur sein Spiegelbild auf einem Teich zu betrachten vermag. Dem individuellen Fortschritt im Bewusstsein dieses Menschen entspricht der Fortschritt, den die Spezies Mensch in Laufe ihrer Geschichte gemacht hat. Durch den Fortschritt in der Entwicklung der Produktivkräfte wird dieser Fortschritt für alle sinnfällig. Der durch den Fortschritt des Denkens erreichte Stand des menschlichen Bewusstsein zeigt aber auch die Grenzen des platonschen Gleichnisses. Die Sonne als Verkörperung der Vernunft ist nichts Statisches, kein Ideenhimmel, den es nur zu erkennen gelte, sondern ist selbst Resultat dieses "Fortschritts im Bewusstsein der Freiheit" (Hegel) von den äußeren Mächten der Natur, einer Natur, die wir immer besser erkennen und beherrschen könnten, wenn nicht die gesellschaftlichen Bedingungen des Fortschritts selbst noch naturwüchsig in Form der kapitalistischen Marktwirtschaft existierten. Philosophie, indem sie sich ihrer Tradition bewusst ist, erkennt das Falsche am Fortschreiten der Gesellschaft. Philosophie ist die Entwicklung der Vernunft in der Geschichte und zugleich ein kritisches Korrektiv zum realen Fortschreiten dieser Geschichte. 7. Wenn man eine Einzelwissenschaft wie die Physik definiert, dann kann man dies nur, indem man sie von der benachbarten Einzelwissenschaft, z.B. der Chemie, abgrenzt. Die Definition gehört deshalb selbst nicht mehr zu der Physik, sie überschreitet sie. Die Wissenschaft über den Einzelwissenschaften oder die Wissenschaft der Wissenschaften aber ist die Philosophie. Man kann auch sagen, wenn ein Physiker seine Wissenschaft definiert, dann philosophiert er bereits. So kann man allgemein sagen, wer überhaupt sein Denkvermögen benutzt, der kann nicht nicht philosophieren. Nur kann er dies schlampig, ohne Bewusstsein von den Resultaten der Philosophie tun - oder er philosophiert schulgerecht und auf dem avanciertesten (fortgeschrittensten) Stand des menschlichen Denkens. Reflektiert die Philosophie die Grenzen einer Einzelwissenschaft, dann kann sie dabei nicht abbrechen, sondern muss die gesamte Weite des wissenschaftlichen Denkens ausschreiten. Philosophie ist Totalitätswissenschaft. Was also ist Philosophie? Philosophie beginnt mit dem nicht-naiven Staunen. Sie reflektiert kritisch unser Leben und das der Gesellschaft. Philosophie befriedigt auf der Basis des gegenwärtigen Wissens das metaphysische Bedürfnis des Menschen. Sie liefert Kriterien, das Schöne vom Kitsch, das Wahre vom Falschen, das Gute vom Schlechten zu unterscheiden. Philosophie ist die Wissenschaft von den allgemeinsten Prinzipien, als solche ist sie radikales Denken. Sie ist die Entwicklung der Vernunft in der Geschichte und zugleich ein kritisches Korrektiv zum realen Fortschreiten dieser Geschichte. Philosophie ist Totalitätswissenschaft. Weiter zum: Lesen philosophischer Texte
Hier können Sie ihren Kommentar abgeben,Kritik üben oderKontakt mit uns aufnehmen.
|
Die neuesten Beiträge aller Websites unseres Dialektikvereins im RSS-Feed ansehen:
Erinnyen AktuellArtikel, Essay, Reportagen und Kommentare zwischen denAusgaben der "Erinnyen"
Die philosophische Website der Erinnyen:
Nachrichten aus dembeschädigten Lebenin unserem Weblog:
Unsere Internpräsens: Unsere neue Internet-Buchhandlung:u.a.
Die Erinnyen Nr. 15, Nr. 16 und 17 können Sie im Internet lesen oder kostenlos herunterladen:
Erinnyen Nr. 18
|
Senden Sie E-Mails mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Adresse an: redaktion@erinnyen.deZum Impressum
Copyright © 2004 Erinnyen Zeitschrift für materialistische Ethik
|