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3. Stellung des Denkens zur objektiven Realität:

Dialektische Vermittlung von Bewusstsein und objektiver Realität

Eine zeitgenössische Gegenposition zum Empirismus war der Rationalismus, der zwar die metaphysischen Begriffe reflektierter fasste, aber dabei in dogmatische Setzungen abglitt. Empirismus und Rationalismus sind Voraussetzungen der Kantischen Philosophie, wo die Philosophie beginnt, das Verhältnis von Denken und objektiver Realität dialektisch zu deuten. 

Wie kann man Vernunftbegriffe (Ideen, Kategorien u.a.) rational begründen, um damit die empirische Wirklichkeit zu erfassen?

Kant hatte für die Lösung dieses Problems den genialen Gedanken: Er ging von bereits fertigen Wissenschaften aus, deren Resultate gesichert waren und sich in der Praxis der beginnenden Industrialisierung bewährten - die Newtonsche (mathematische) Mechanik und die Mathematik. Diese Wissenschaften waren systematisch, in sich ohne sachliche Widersprüche und erfassten prinzipiell alle Erscheinungen ihres Gegenstandsbereichs. Nun fragte er nach den allgemeinen kategorialen Bestimmungen, die ihnen zugrunde liegen. Da diese Wissenschaften wahr sind, müssen auch die kategorialen Bedingungen ihrer Möglichkeit wahr sein.  Dies ist die Grundidee seiner "Kritik der reinen Vernunft".

Kant unterscheidet radikal zwischen dem Ding an sich und den Erscheinungen im Bewusstsein. Dieses Ding an sich ist die unbekannte Ursache der Erscheinungen. Es ist = X, d.h. für uns völlig unzugänglich, wie weit wir auch unsere Welt erkennen werden. Zugänglich sind uns nur die Erscheinungen. Das Ding an sich ist also ein Grenzbegriff, der uns davon abhalten soll, unsere Erkenntnisse, die immer auch subjektiv geprägt sind, für die außer uns existierende Realität zu halten. Objektive Realität als erkannte ist immer jenseits des Dinges an sich: Die Erkenntnis der Erscheinungen.

Zunächst haben wir vor uns die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, die wir immer schon in Raum und Zeit einordnen. Raum und Zeit sind Formen der Anschauung, weil wir nur mit diesen Kategorien die Erscheinungen überhaupt zur Anschauung bringen können. Und tatsächlich sind die Koordinaten, mit denen wir die drei Dimensionen der Anschauung bestimmen, von uns gemacht als Meter, Kilometer, als x-, y- und z-Achse des Koordinatensystems. In den Erscheinungen selbst können wir Bewegungen beobachten, aber schon die Feststellung, dass sich etwas bewegt, setzt in uns die Zeitvorstellung und die Raumvorstellung voraus:

 

                            s (Weg)

Geschwindigkeit = -----------

                            t (Zeit)

Raum und Zeit sind also Bedingungen der Möglichkeit von Anschauungen, ohne Raum und Zeit als Formen der Anschauung hätten wir kein Bewusstsein von Bewegungen und von Verläufen. 

Damit überhaupt eine einheitliche Anschauung in uns entsteht z.B. von einem Tier, wird im Bewusstsein eine Synthesis der Apprehension (assoziative Zusammenfassung) vorausgesetzt. Schauen wir das Tier auf der einen Seite an und fassen seine Erscheinungen zusammen, dann müssen wir aber auch noch die andere Seite betrachten, um eine vollständiges Vorstellung zu bekommen, d.h. wir müssen uns an die erste Seite auch wieder erinnern. Die Bedingung der Möglichkeit einer Vorstellung ist deshalb die Synthesis der Reproduktion in der Einbildung. Stellt man sich z.B. einen Baum vor, dann gehören dazu auch die Wurzeln. Dies wissen wir aber nur, wenn wir bereits einen Begriff vom Baum haben. Die Synthesis der Rekognition im Begriffe ist deshalb die Bedingung der Möglichkeit der Vorstellung. Hierher gehört der berühmte Satz Kants: "Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind." (A.a.O., S. B 75)

Begriffe aber werden von den Kategorien logisch organisiert. Kategorien sind deshalb Bedingungen der Möglichkeit der Begriffe. Das Denken von der Anschauung zum Begriff ist die Leistung des Verstandes, das Denken der empirisch gewonnenen Begriffe mittels der Kategorien ist eine Leistung der Vernunft. Damit die Synthesis nicht Widersprechendes vereinheitlicht, ist die formale Einheit des Bewusstseins die Bedingung der Möglichkeit aller Erkenntnisse.  (Eine Philosophie, die nach den Bedingungen der Möglichkeit von Gegenständen im Bewusstsein fragt, heißt seit Kant transzendental.)

"Da wir es nur mit dem Mannigfaltigen unserer Vorstellungen zu tun haben, und jenes X, was ihnen korrespondiert (der Gegenstand), als etwas von allen unseren Vorstellungen Unterschiedenes für uns ist, so kann offenbar die Einheit, welche der Gegenstand notwendig macht, nichts anders sein als die formale Einheit des Bewusstseins in der Synthesis des Mannigfaltigen der Vorstellungen. Dann sagen wir: Wir erkennen den Gegenstand, wenn wir in dem Mannigfaltigen der Anschauung synthetische Einheit bewirkt haben." (Kant: Kritik der reinen Vernunft, A 105)  Das Bewusstsein der Einheit des Bewusstseins ist dann die formalste Gestalt des Selbstbewusstseins. 

Der Basissatz der Kantischen Vermittlung von Denken und Erscheinung lautet:

"Die Bedingungen a priori einer möglichen Erfahrung überhaupt sind zugleich Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung." (A.a.O., A 111, a priori = von vorn herein, hier: allein aus dem Verstand, der Vernunft) 

Gegenstand des Denkens in der Erscheinung und das  vom Menschen subjektiv Dazugebrachte, die kategoriale Fassung des Gegenstandes,  sind hier miteinander verschränkt. 

 

 Illustration zum Begriff des Transzendentalen

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Kritik der Kantischen Erkenntnistheorie

Wenn die Synthesis der Rekognition im Begriffe die Bedingung der Möglichkeit von einer Anschauung ist und wenn die Einheit des Bewusstseins und die Kategorien ebenfalls zu diesen notwendigen Bedingungen sachhaltiger Erkenntnis gehören, dann liegt der Schluss nahe, dass unser Denken die Dinge selbst setzt, produziert. Das aber ist ein Idealismus, den Kant vermeiden wollte. (Er hat deshalb seine "Transzendentale Elementarlehre" teilweise umgeschrieben = Fassung B.) 

 

Schema der Erkenntnistheorie von Kant

In der Erkenntnistheorie wird das Verhältnis des Denkens zu den Gegenständen des Denkens reflektiert. Aber dieses Selbstbewusstsein ist selbst schon ein Erkennen. Es ist deshalb nur dialektisch zu begreifen. Deshalb sagt Hegel zurecht: In der Erkenntnistheorie "liegt nun allerdings das Richtige, dass die Formen des Denkens selbst zum Gegenstand des Erkennens gemacht werden müssen; allein es schleicht sich auch bald das Mißverständnis ein, vor dem Erkennen schon erkennen  oder nicht eher ins Wasser gehen zu wollen, bevor man schwimmen gelernt hat. Allerdings sollen die Formen des Denkens nicht ununtersucht gebraucht werden, aber dies Untersuchen ist selbst schon ein Erkennen. Es muß also die Tätigkeit der Denkformen und ihre Kritik im Erkennen vereinigt sein. Die Denkformen müssen an und für sich betrachtet werden; sie sind der Gegenstand und die Tätigkeit des Gegenstandes selbst; sie selbst untersuchen sich, müssen an ihnen selbst ihre Grenze bestimmen und ihren Mangel aufzeigen." (Enzyklopädie, § 41)

Die Vermittlung von Denken und Gegenstand muss dialektisch sein.

Was die Objekte der Erkenntnis unabhängig von dem menschlichen Erkenntnisvermögen sind, kann der Mensch nicht sagen. Er kann immer nur über das vernünftig sprechen, was bereits in seinem Bewusstsein ist. Alles Unmittelbare ist zugleich vermittelt. (Dies ist nicht nur das entscheidende Argument gegen jede Ursprungsphilosophie, die aus einem Prinzip heraus alles andere begründen will, sondern auch gegen jede Art von Unmittelbarkeitskult, wie er bei Sekten, Schwärmern und Naturfreunden vorkommt.) 

Wir machen mit einem Gegenstand Erfahrungen, indem wir mit unseren bisherigen Sehweisen an ihn herangehen. Dann bilden wir uns einen ersten Begriff  von diesem Gegenstand. Diesen Begriff und evtl. auch die Sehweise korrigieren wir wieder an der Erfahrung und kommen zu einem neuen oder doch verbesserten Begriff. Eventuell müssen wir auch die Unzulänglichkeit unserer kategorialen Bestimmungen einsehen und diese weiterentwickeln. Neue Erfahrungen setzen eine neue Reflexion der Begrifflichkeit in Gang usw. bis wir zu einem gültigen Resultat gelangen, das sowohl den formalen Kriterien der Wahrheit entspricht wie auch dem Praxiskriterium der Wahrheit, d.h., das Resultat der Wissenschaft wird zur notwendigen Bedingung der Reproduktion der Gesellschaft.  Die Philosophie als Selbstbewusstsein solcher Resultate muss dann mit diesen vereinbar sein bzw. übereinstimmen. 

Auch die Dialektik geht zunächst von der nominalistischen Einsicht aus, dass Begriffe von uns gemacht werden. Aber das gültig gedachte Resultat in der Gestalt einer Theorie trifft im extramentalen Gegenstand ein Allgemeines, denn sonst könnte die Theorie in der Praxis nicht zur notwendigen Bedingung der Reproduktion der Gesellschaft werden. 

Einsichtig ist dieses Resultat dann auch nur, wenn man den Gang des Erkenntnisprozesses nachvollzieht. Das Bewusstsein der Genesis philosophischer Resultate ist die Voraussetzung dafür, diese als wahr einzusehen. Die Genesis bestimmt die Geltung von Erkenntnissen. Zwar lässt sich mit wissenschaftlichen Resultaten auch bewusstlos hantieren, aber man kann sie ohne ihre Genesis nicht wirklich begreifen. 

Die Abfolge der Erkenntnis in ihrer Genesis hat man in das Schema von: These - Antithese - Synthese gepresst. Tatsächlich verläuft die historische Genesis viel komplizierter. Auch wird aus einer Synthese oft wieder eine neue These, die der Kritik verfällt usw. Nichtsdestotrotz entspricht dieses Schema oft der logischen Genesis, d.h. einer Genesis, die von historisch Zufälligem entkleidet wurde. So haben wir die Stellung des Denkens zur objektiven Realität nach diesem Schema konstruiert:

 

These:  Das menschliche Bewusstsein ist eine

           Widerspiegelung der objektiven Realität.

 

Kritik:   Die Rolle der menschlichen Subjektivität bei der

           Erkenntnis wird noch nicht voll erkannt. Die

           Resultate stellen nur einen historischen 

           Stand des Wissens dar.

 

Antithese:  Das menschliche Bewusstsein konstruiert 

                sich seine Auffassung der Welt nach seinen

                Interessen. 

 

Kritik:    Die objektive Realität wird in dieser

            Konstruktion

            willkürlich konstruiert, ohne ein Fundament in

            der außerbewussten Sache.  

 

Synthese: Die subjektive und die objektive Seite der

               Erkenntnis werden in der Dialektik so

               miteinander vermittelt gedacht, dass die 

               volle Leistung des menschlichen Denkens

               begriffen wird und auch die Fundierung 

               im extramentalen Bereich (ontologisch)

               nachweisbar ist, so dass die Philosophie ein

               wahres Selbstbewusstsein der

               wissenschaftlichen Resultate der

               Einzelwissenschaften darstellt.   

 

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Unterschied der idealistischen von der materialistischen Dialektik 

Für Hegel setzt das menschliche Denken die objektive Realität. Das war seine Schlussfolgerung aus Kants "Kritik der reinen Vernunft". Das ist nur denkbar, wenn die Welt selbst vernünftig ist, so dass wir Menschen diese Weltvernunft nur konstruierend nachvollziehen brauchen. In der Vermittlung von Subjekt und Objekt liegt  für Hegel deshalb die Priorität auf der Seite des Subjekts. Eine Folge daraus ist z.B., dass er die menschliche Geschichte als Entfaltung einer Idee der Vernunft sieht, so dass er sagen kann: Alles was existiert, ist vernünftig. Auch wenn für ihn die Geschichte einer "Schlachtbank" gleicht, so sieht er darin doch die Vernunft walten.  Die Welt wird im Hegelschen Idealismus unzulässig idealisiert. 

Im Rückgriff auf Kant erkennt man den Fehler: Hegel hypostasiert die gedankliche Konstruktion der Welt zur objektiven Realität selbst. Hypostasieren heißt, menschliche Gedanken zu Dingen an sich verfälschen. Die Differenz von Ding an sich und Erscheinung, Naturzusammenhang und Naturerkenntnis, mögliche objektive Einheit der Welt und begriffliche Notwendigkeit, die Idee einer Einheit der Welt anzunehmen, wird eingezogen im Hegelschen System oder zum bloßen Durchgangsstadium des Erkennens erklärt. Die Notwendigkeit der Systematisierung wird von Hegel zu einem geschlossenen System der Welt hypostasiert. Dieselben Fehler, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, hat der Sowjetmarxismus wiederholt. Noch kurz vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion galt dort der Gedanke vom notwendigen Sieg des Kommunismus als Staatsdoktrin. 

Für die materialistische Dialektik von Marx u.a. dagegen liegt im Verhältnis von Subjekt und Objekt der Vorrang auf der Seite des Objekts. Empirische Erkenntnisse haben Vorrang gegenüber der Konstruktion und Verallgemeinerung. 

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Negative Metaphysik

Ontologisch Einzeldinge zu bestimmen, dazu bedarf es keiner Philosophie. Wer nicht zwischen einem Brötchen und einem Stein unterscheiden kann, wird verhungern bzw. wäre gar nicht da. Wissenschaft geht aber auf die Allgemeinheiten in der extramentalen Welt, das intelligible Ansichsein der Dinge, dieses ist weder wahrnehmbar noch uns auf andere Art direkt zugänglich. 

Wäre die Wirklichkeit nur eine chaotische Mannigfaltigkeit wesenloser Singularitäten, wie einige Strömungen des Positivismus behaupten, dann wäre jede Gesetzmäßigkeit und damit auch deren experimentelle Erforschung durch die Naturwissenschaften unmöglich. Die Welt wäre nicht mehr aus sich erkennbar. 

Andererseits ist das innere Wesen der Dinge, ihr intelligibles Ansichsein, nicht durch Beobachtung und Abstraktion aus der Beobachtung erkennbar. So ist z.B. ein Samenkorn vom Gras physikalisch, chemisch und biologisch untersuchbar, die Gesetzmäßigkeiten, die hier wirken sind der Naturwissenschaft bekannt. Doch damit ist noch nicht ihr inneres Wesen erkannt. Denn in dem Samenkorn muss virtuell bereits das Ziel (telos): die fertige Pflanze, enthalten sein. Dieses intelligible Telos ist aber den modernen Naturwissenschaften unzugänglich.

Der Philosoph Karl Heinz Haag schreibt dazu:

"Positiv bestimmbar an stofflichen Dingen ist einzig ihr funktionales Verhalten - aber nicht das, worin sie ontologisch gründen: das Prinzip ihrer Genesis (Gemeint ist die gestaltende Form des Werdens der Gebilde, d.A.).  Ihm gegenüber haben die von den physikalischen Wissenschaften erkannten Gesetze nur partikuläre Bedeutung: wie die stofflichen Prozesse, die ihnen gehorchen, sind sie bloße Mittel zur Hervorbringung des totum (einer Ganzheit, d.A.) - einer res naturalis. Erst die Koordination einer Reihe ganz bestimmter Naturgesetze führt zu Wirklichem. Solcher Koordination sind sie selbst nicht mächtig: keines von ihnen impliziert eine Beziehung auf das Ding, bei dessen Genesis sie mitwirken. Bezogen auf ein Telos kann ein Prozesse steuerndes Prinzip nur sein, wenn es das Ziel virtuell in sich enthält. Insofern muß jenes Prinzip mehr besagen als die Summe der Gesetze, die es auf ein bestimmtes Telos hin koordiniert. Als die gestaltende Form stofflicher Dinge gehört es einer anderen Dimension an: dem für menschliches Erkennen begrifflich nicht fixierbaren Bereich des intelligiblen Ansichseins von Welt. Diese negative Seite an metaphysischer Erkenntnis läßt Metaphysik nur als negative Metaphysik zu. Ohne das von ihr visierte Ansichsein empirischer Dinge würde physikalische Forschung zu etwas völlig Imaginärem: einem Vorgang, der keine ontologische Grundlage hätte." (Haag: Der Fortschritt in der Philosophie, S. 11 f.)

Negativ ist diese Metaphysik, weil sie nicht sagen kann, was dieses intelligible Ansichsein ist, sie hat keinen Begriff davon, sie muss aber ein intelligibles Substrat der Dinge unterstellen. Denn sonst wäre die naturwissenschaftliche Forschung eine Forschung ohne Gegenstand. "Zwar wollen die Naturwissenschaften keine Philosophie sein; aber sie sind auf ein philosophisches Denken aufgespannt. Durch ihre Voraussetzung einer von sich aus erkennbaren Welt ist es ein metaphysisches Denken, das sie implizieren, keine positivistische Seinslehre. Sie sind objektiv nur möglich auf der Basis eines intelligiblen Ansichseins der erscheinenden Natur. Der negative Schritt ins Metaphysische ist vermöge dieser Unterstellung ein rationaler Schritt."  (A.a.O., S. 14)  

(Dennoch bleibt es ein Widerspruch, ein intelligibles Substrat zu unterstellen, das man nicht bestimmen kann.)

Die Annahme eines intelligiblen Substrats der Dinge, auch wenn dieses nicht positiv bestimmbar ist, hat Konsequenzen für das menschliche Denken:

- Die Welt geht nicht auf in den Erscheinungen und ihren - aus diesen ableitbaren -  Gesetzen. Es gibt eine Transzendenz, ein Jenseits der Erscheinungen. Dies ermöglicht es, z.B. Sozialismus als eine Ordnung zu denken, deren Elemente zwar in der Gegenwart schon vorhanden sind (als Erscheinungen), die Ordnung aber nicht als Ganze (sondern zunächst nur als Telos). 

- Da das intelligible Substrat auch für den Menschen angenommen werden muss, hat negative Metaphysik Konsequenzen für die Ethik. Wirkt auch im Menschen ein inneres Telos, dann kann er vernünftigerweise nicht beliebig Gegenstand von Manipulationen sein. Sondern es muss immer gelten, das der Mensch als Zweck an sich behandelt wird, niemals zum bloßen Mittel gemacht werden darf.

Diese metaphysische Fundierung des Moralgesetzes geht auf Kant zurück. "Kants negative Bestimmung der essentia rerum (Wesen der Dinge, d.A.) verbietet einerseits, die reale Welt reinem Sein als ihrer causa prima (erste Ursache, d.A.) zu unterwerfen: opponiert also auch gegen dieses als den Ursprung und das Ziel der Menschen und ihrer Geschichte. Andererseits widerspricht sie nicht weniger radikal der nominalistischen Verflüchtigung metaphysischer Wesenheiten: ihre Zurücknahme ins Subjekt, die Mensch und Natur herabsetzt zu bloßen Mitteln der ökonomischen Bewegung von Produktion und Konsumtion. In solcher Frontstellung zu den Hauptströmungen der abendländischen Philosophie statuiert Kants negative Metaphysik für das konkrete Tun der Menschen: es ist nur dann wirklich human, wenn es seinen personalen Träger primär als Zweck an sich selbst und niemals bloß als Mittel behandelt. Mit dieser Maxime ist die subjektive Bedingung benannt, die es ermöglicht, die Menschen aus ihrem verdinglichten Dasein zu befreien." (A.a.O., S. 199 f.)  

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Benutzte Literatur

Aristoteles: Metaphysik. In der Übersetzung von Hermann Bonitz. Neu bearb. u. hrsg. v. H. Seidl, Hamburg 1978.

Bulthaup, Peter: Idealistische und materialistische Dialektik, in: Das Gesetz der Befreiung. Und andere Texte. Hrsg. v. Gesellschaftswissenschaftlichen Institut Hannover, Lüneburg 1998.

Erinnerung an die Vernunft. Zur rationalen Begründung moralischer Prinzipien, in: Erinnyen Nr. 2, Garbsen 1986, S. 47 - 60.

Gaßmann, Bodo: Logik. Kleines Lehrbuch des menschlichen Denkens. Begriff, Urteil, Schluß und von der wissenschaftlichen Methode, Garbsen 1994.

Haag, Karl Heinz: Der Fortschritt in der Philosophie, Ffm. 1983. 

Hegel, G.W.F.: Enzyklopädie der Wissenschaften I, Theorie Werkausgabe 8, Ffm. 1977.

Hobbes, Thomas: Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines bürgerlichen und kirchlichen Staates. Hrsg. u. eingel. von Iring Fetscher, übersetzt v. Werner Euchner. Darmstadt und Neuwied 1976. 

Kant, Immanuel: Kritik der Urteilskraft, in: Werke Bd. 8, Darmstadt 1975.

Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft. Nach der ersten und zweiten Original-Ausgabe neu herausgegeben von Raymund Schmidt, Hamburg 1976.

Thomas von Aquin:  Summe gegen die Heiden. 2. Bd. Hrsg. u. übersetzt v. Karl Albert u. Paulus Engelhardt, Darmstadt 1982. 

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Zur Vertiefung der Thematik dieses Kurses empfehlen wir:

Gaßmann, Bodo: Logik. Kleines Lehrbuch des menschlichen Denkens. Begriff, Urteil, Schluß und von der wissenschaftlichen Methode, Garbsen 1994.

Sind Sie unseren Vorschlägen gefolgt, dann haben Sie jetzt unseren Einführungskurs in die Philosophie abgeschlossen. Wir gratulieren Ihnen. Zugleich hoffen wir, dass Sie von der Philosophie fasziniert sind  und Ihre Studien fortsetzen. 

 

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Copyright © 2004 Erinnyen Zeitschrift für materialistische Ethik        
Stand: 09. März 2008